Freitag, 12. Oktober 2007

Bilanzüberschuss

Beim ART FORUM BERLIN wird Bilanz gezogen: Man spricht von „exzellenten Verkäufen“ und „bester Stimmung“, lässt es sich aber auch nicht nehmen, mit Zelebritäten zu prunken. Dabei reicht das Prominenzverständnis der Pressestelle von Katie Holmes bis zu lokalen Seifenopersternchen. Der Weg der Kunstmesse zum Hollywood-Blockbuster will eben auch in seinen Niederungen durchschritten sein. Am Ende jedoch zählen nur die Verkäufe, und die übertrafen vielfach die berlinüblichen Erwartungen.

Sönke Magnus Müller (magnus müller, Berlin) etwa behielt mit seinen optimistischen Prophezeiungen Recht und verkaufte neben chit.chat (EUR 40.000 Euro,-) von Jürg Mayer H. zuletzt noch 2 Lambda-Prints auf Aluminium von Sabine Groß für je EUR 9.000,- an einen Privatsammler sowie die Sammlung des Bundes. Ronmandos, Rotterdam/Amsterdam wurde mehrere Kohlezeichnungen von Renie Spoelstra los, unter anderem an Joop van Caldenborgh, Begründer der Caldic Collection. Zudem erwarb eine öffentliche amerikanische Sammlung drei Videoarbeiten von Hans op de Beeck. Erstteilnehmerin Marianne Boesky aus New York fand einen Käufer für ein Gemälde von Kon Trubkovich (USD 20.000,-).
Bei Jan Wentrup, Berlin, gingen Skulpturen von Neuzugang Thomas Kiesewetter an Londoner und Berliner Privatsammlungen,
darunter eine Arbeit zu EUR 25.000,-.
Mario Testino erwarb dort auch Kikis Ring (2007) von Gregor Hildebrandt - 206 x 206 cm Kassettentape auf Leinwand für EUR 16.000,-. Jochen Hempel (Dogenhaus, Leipzig) konnte die beiden ironisch distanzierten Malereien von Ulf Puder an den Mann bringen, so auch eine Kleine Figurensäule (2007) aus Holz von Stephan Balkenhol im Wert von EUR 35.000,-. Das frisch zur Messe in Öl auf Nessel gemalte Großformat Schergen (430 x 550 cm) von Jonas Burgert, ging bei der Produzentengalerie für stolze EUR 120.000,- über den Tisch. Andrée Sfeir-Semler (Sfeir-Semler, Hamburg/Beirut) berichtete vom Verkauf einer der ersten Spiegel-Arbeiten von Michelangelo Pistoletto Divisione Moltiplicazione von 1973 (EUR 50.000,-). Sämtliche, stets in häuslichen und rätselhaft melancholischen Szenen angelegte Bilder von Susanne Kühn konnte Goff + Rosenthal, New York/Berlin veräußern, darunter Quite Place (EUR 45.000,-), das in der Sonderausstellung „House Trip“ zu sehen war.

Bei Johnen Galerie, Berlin fanden Wiebke Siems Skulptur Wanderers Nacht (EUR 15.000,-), das Ultrachrome Print Unbestechliche Archive 4 von Olaf Holzapfel (EUR 14.000,-) und das Gemälde Cosmos (EUR 16.000,-) des polnischen Shooting-Stars Rafal Bujnowski einen neuen Besitzer.Unterschiedlich waren die Reaktionen und Verkaufsergebnisse für die erstmals in Halle 11.2. konzentrierten Freestyle-Galeriestände. Eine positive Bilanz zogen Gazonrouge, Athen, deren Stand bereits am Vernissagetag ausverkauft war.

Bei Cherry and Martin, Los Angeles, fanden Arbeiten von Daniel Dove für USD 16.000,- sowie Taboo-Hoo, eine Skulptur von Nathan Mabry zu USD 55.000,- einen Käufer, und Ursula Walbröl konnte bereits am Vernissagetag einen Privatsammler für die große, im Raum schwebende Cut-Out-Zeichnung Electric Brae des jungen Künstlers Philip Loersch begeistern (EUR 9.000,-). Einen Ausverkauf verzeichnete auch Iris Kadel, Karlsruhe nach ihrer Solopräsentation von Matthias Bitzer mit dem TitelNames“, dem zweiten Teil einer als Trilogie angelegten Serie, die sich

auf die vielseitige Persönlichkeit von Emmy Ball-Hennings bezieht. KB










Bild 1 - Sabine Groß, „Ohne Titel“, magnus müller, Berlin
Bild 2 - Gregor Hildebrandt, „Kikis Ring“, Jan Wentrup, Berlin
Bild 3 - Jonas Burgert, „Schergen“, Produzentengalerie, Hamburg, Foto: Peter Sander
Bild 4 - Susanne Kühn, “Katja reading a book”, Goff + Rosenthal, Berlin/New York
Bild 6 - Wiebke Siem, „Wanderers Nacht“, Johnen Galerie, Berlin
Bild 5 - Olaf Holzapfel, „Unbestechliche Archive 4“, Johnen Galerie, Berlin
Bild 7 - Philip Loersch, „Electric Brae“, Ursula Walbröl, Düsseldorf

Dienstag, 2. Oktober 2007

Die Verstrickung suchen! Hans-Jürgen Hafner wird nächster Kurator der Sonderausstellung des ART FORUM BERLIN

Noch ist Ami Baraks wohltuend entspannte Sonderausstellung „House Trip“ beim ART FORUM BERLIN 2007 nicht abgebaut, da stellt die Messeleitung bereits dessen Nachfolger vor. 2008 wird Hans-Jürgen Hafner die Aufgabe haben, am Rande des Verkaufsgetümmels der Galerien und Sammler der Kunst einen von Preisschildern freies Reservat einzurichten. Der 1972 geborene Kurator, gelegentliche DJ und freie Autor hat die Messe mit einem ebenso wagemutig erscheinenden wie subjektiv gefärbten Konzept überzeugt. Hafner, ein konsequenter Verfechter des beharrlich kritischen Diskurses trägt nicht die Namen kunstmarktmächtiger Wirkungsstätten und Auftraggeber vor sich her. Der aus dem wallfahrtsnobilitierten Freystadt in Bayern stammende Wahlberliner hat durch eher kleine, doch durchdachte Ausstellungen überzeugt, zuletzt etwa „The Most Contemporary Picture Show, Actually“ in der Kunsthalle Nürnberg, einer ebenso durchdachten wie sperrigen Schau, die für das ART FORUM BERLIN 2008 interessante, vielleicht sogar riskante Ansätze erwarten lässt.Bislang stehen eher theoretische Leitlinien des Konzepts fest. Hafner will mit aller Entschiedenheit die Konvention der „Ideen- und Themenausstellung“ vermeiden und die „Situation“ am Messerand als „Material“ für sich nutzen. Hafner will nicht wie Barak den Kontrast zur Messe herstellen und eine Enklave für die Kunst schaffen, sondern sich „verstricken“. Aus diese Annäherung an die Messe und ihren Markt sollen Antworten auf eine grundlegende Frage gewonnen werden, nämlich der nach den feinen Unterschieden, die aus Kunst Kunst machen oder sie in anderen Kontexten zum Verschwinden bringen können. „Difference, what difference“ heißt Hafners Schau, wie er sagt. Dabei sucht er nach dem schleichenden Übergang zwischen Messe und Ausstellung – der Verstrickung eben. „um aus jeder Verstrickung eine Distinktion herauszuschlagen“. Damit nistet sich die Institutionskritik in den Messehallen ein. Hafner will fragen, wie diesseits und jenseits die Ausstellungsweise die Kunst beherrscht. Gelingt ihm dies, wird das Publikum nicht nur etwas zu sehen, sondern auch etwas zu denken bekommen. GG

Hans-Jürgen Hafner
Foto: Stefan Maria Rother
© Messe Berlin

Senat stiftet Preise für beste Stände

Unter dem Blitzlichtgewitter des Messefotografen wurde nebst Blumen, Champagner und einem warmen Lächeln des extra eingeflogenen Wirtschaftssenators Harald Wolf heute um 18 Uhr der Preis für die besten Stände vergeben. Die Federführung der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen hat die Preisverleihung seit 2004 inne, gestiftet wird er von der Berliner Landesinitiative „Projekt Zukunft“. Der beste Freestyle-Stand bekommt 2.500,- Euro, der beste Einzelstand 4.500,- Euro. Ausgewählt werden die Galerien von rund 100 Kunstsammlern, die im Rahmen des Collector’s Program zu Gast beim Art Forum sind, den Ausstellern, Mitgliedern des Zulassungsausschusses, der Messejury sowie in diesem Jahr zum ersten Mal den akkreditierten Journalisten.
Bester Einzelstand ist die aus Basel kommende Galerie Friedrich, die sich mit einer Einzelpräsentation von Betahn Huws zum ersten Mal bei der Messe gezeigt hat. Huws ist Waliserin und zurzeit als Stipendiatin des DAAD in Berlin. In ihre konzeptuellen Arbeiten bedient sie sich mit den unterschiedlichen Medien, so etwa Film, Objekte, Skulptur, Zeichnung und Installation. Es geht um das Thema Übersetzung, nicht nur von Sprache, sondern auch von Tradition, Kultur und Erinnerung.
Bester Freestyle-Stand ist die Galerie Iris Kadel aus Karlsruhe. Sie ist in diesem Jahr zum zweiten Mal dabei. In diesem Jahr zeigt Kadel Arbeiten von Matthias Bitzer, der zwischen Skulptur, Malerei und Installation arbeitet. Ein Porträt der Künstlerin und Mitbegründerin des Dadaismus Emmy Ball-Hennings wird erzählt, zwischen Fiktion und Authentizität. Entschieden hatte sich Kadel für Bitzer, um in einem Einzelstand die Komplexität eines noch unbekannten Künstlers zu zeigen. AS

Gemäldehafte Präsenz: Dvir reüssiert erneut mit politischer Fotografie

Manchmal scheint Bildjournalismus sich in Kunst zu verwandeln, weil die Wirklichkeit komplexer und widersprüchlicher als die Verkaufsklarheit der Medien ist. Anders als mancher "Magnum"-Fotograf, der mit Ausdauer seinen Aufstieg in die konservatorische Unsterblichkeit der Fotomuseen sucht, präsentiert die Galerie Dvir auf dem ART FORUM BERLIN einen Fotografen, dessen Bilder sich, man möchte fast meinen: automatisch als Reaktion auf die monströse politische Realität zu einer nahezu gemäldehaften physischen Präsenz verdichten. Pavel Wolbergs Fotografien entstammen einer genuin journalistischen Praxis, schauen den Betrachter aber wie sphinxische Vexierbilder an. Sie entscheiden nichts. Sie entwickeln, ohne je obszön zu wirken, einen fast karnevalesken Gleichmut, eine teilnehmende Neutralität, die sich in Formalität zurückzieht, um den Inhalt nicht in einem definierten medialen Rahmen einengen zu müssen. Erfreulich also, dass sich eine Präsentation des unvereinfachten politischen Lebens für eine Galerie auszahlt. Die C-Prints Hebron (2004) und Jerusalem (2006) wurden an institutionelle Sammler verkauft (je 6.500 Euro, das Hebron-Motiv an zwei Käufer), darunter auch eine ungenannte Unternehmenssammlung. Bemerkenswert, dass die Galerie Wolberg auch schon im Vorjahr ausgesprochen erfolgreich zu verkaufen vermochte, aber keine Arbeit an eine deutsche Sammlung absetzen konnte. Vielleicht erzeugt die Darstellung der politischen Realität Israels hier Berührungsängste. Nebenbei hat Dvir auch noch ein hinreißend surreales Objekt Axel Schlesingers abgesetzt, dessen frisch in diesem Jahr entstande Konstruktion rotierender A 4 Blätter auf einer von Farbdosen getragenen Spanplatte einer großen institutionellen Sammlung 5.000 EUR wert war. Die Galerie prophezeit Schlesinger eine große Zukunft. GG

Bild - Pavel Wolberg, Ohne Titel, 2000, Courtesy of Dvir Gallery, Tel Aviv

Die Kunstszenen Asiens

Es ist klar, dass man in einem eineinhalbstündigen Panel zur asiatischen Kunstszene nur Oberflächen streifen kann. Zudem bewirkt die Einteilung eines zeitgenössischen Kunstschaffens in Regionen, Nationen und Kontinente eine Vereinheitlichung, die der realen Diversität nicht gerecht wird. Auf die „falschen“ Mechanismen der Repräsentation wies auf diesem Panel Carson Chan hin und untergrub so das vorgegebene Thema. Kann man überhaupt über „die“ Kunstszene Asiens sprechen? Zusammen mit den Kuratoren Shaheen Merali und Tereza de Arruda, die als Moderatorin eingeladen war, verantwortete er jüngst ein Ausstellungsprojekt zur asiatischen Kunstszene in Berlin. Als Raum wurde dafür eine Kirche in der Auguststraße gewählt, um westliche Präsentationsweisen von Kunst zu thematisieren. Die Ausstellung wollte in Frage stellen, inwiefern man überhaupt von „dem“ Asiatischen sprechen könne, von einer gemeinsamen Ästhetik und Geschichte. Doch wie der anschließende Beitrag von Carol Lu zeigte, lässt diese Form dekonstruktiver Kritik allzu leicht hinter sich, dass es politische und kulturelle Gemeinsamkeiten gibt, die eine gewisse gemeinsame künstlerische Identität erzeugen. In ihrem informativen Vortrag parallelisierte die in Peking lebende Kuratorin und Kritikerin Lu die zeitgenössische und die Kunstszene der 1980er Jahre in China und fragte, weshalb in beiden Zeiten ein Desinteresse gegenüber der politischen Realität seitens der Künstler herrsche. Im Rückblick auf die 1980er könne man von einer Art chinesischer Renaissance sprechen, in der es galt, Ausdrucksformen für das zerstörte Selbst zu finden. Der kritische Diskurs der Intellektuellen stand dabei in Opposition zur aktuellen politischen Agenda, die sich ihrerseits für Kunst nicht interessierte. Die heutige Zeit wiederum lenke durch den erstarkenden Markt eine ungeheure Aufmerksamkeit auf die Kunst. Dies löse neue Irritationen aus, ein neuer Pragmatismus und eine neue Konsumhaltung bewirkten ein Gefühl der Leere, Ohnmacht und Ziellosigkeit. Künstler wie Ai Weiwei, die noch in den 1980ern eigene Inhalte verfolgten, ließen sich nunmehr instrumentalisieren für den Ausverkauf einer angeblich authentischen, chinesischen Kultur, deren Erfolg sich jedoch kaum mehr ohne diese Schablone erklären ließe. Der Beitrag von Gregory Knight setzte einen Fokus auf die indische und taiwanesische Kunst. In zwei neueren Ausstellungsprojekten hatte Knight die Arbeiten zeitgenössischer Künstler aus Chicago und Taiwan kontrastiert („Ten Artists from Chicago and Koahsiung, Impermanance“) sowie in „New Narratives“ das zeitgenössische Kunstschaffens Indiens präsentiert. Während seine Vorredner sich kritisch mit den ästhetischen und politischen Mechanismen des Kunstsystems auseinandergesetzt hatten, wirkte dieser Beitrag etwas schmal. Wie die derzeitigen Bedingungen der Kunstproduktion in diesen Ländern sind, wurde leider nur am Rande gestreift. (ART FORUM BERLIN Talk – Die Kunstszenen Asiens - 1. Oktober 2007, 15 Uhr) AS

Bild - Carson Chan, Galerist, Program Initiative for Art + Architectural Collaborations, Berlin

Guy Bärtschi: Die Veteranen leben - und spielen Geld ein

Totgesagte kehren auf den Markt zurück. Die klassische Netzkunst, Mitte bis Ende der neunziger Jahre unter dem kryptischen Kosenamen Net.art als Heilbringerin der Medienkunst besungen, ist in Ausstellungen kaum noch präsent. Vorbei die Zeit, in der Netzkünstler im Kunstbetrieb Furore machten, indem sie erklärten, keine Künstler zu sein - und New Yorker Großmuseen 3,5"-Disketten sammelten, um ihr Stückchen Media Hype in die Videoabteilung integrieren zu können.
Heute bedarf es schon wieder besonderen Mutes, mit einem in der Wolle gefärbten Netzveteranen wie Cory Arcangel auf einer Messe anzurücken. Die Genfer Galerie Guy Bärtschi beweist in Berlin nicht nur diesen Mut, sondern vertritt Arcangels medialen Konzeptualismus auch mit Begeisterung und kaufmännischem Erfolg gegenüber neugierigen Besuchern.
Arcangels Sweet 16, die Verwandlung eines Guns N' Roses-Videos in eine Minimal Music-Schleife von der Klangfarbe einer Steve Reich-Komposition, ist keine der Webvideo-Arbeiten aus der Pionierzeit des Künstlers, sondern zielt auf die große installative Präsentation. In dem Stück werden zwei verschiedene Bearbeitungen der Intro des ursprünglichen Guns N' Roses-Musikvideos parallel projiziert. Während das eine Videobild kontinuierlich der Vorlage folgt, ist die andere Schleife schnittechnisch auf wenige Bilder reduziert und dünnt das Stück wie im Zeitraffer aus. Akustisch ensteht aus dieser mechanischen Asynchronizität der zwei Schleifen dennoch ein einheitliches Klangbild, das an die erhabene Ästhetik des musikalischen Minimalismus erinnert. Dem Käufer war diese 2006 entstandene Übersetzung archaischer Webästhetik in eine theatrealische Geste 22.000 Euro wert. Auch Hervé Graumann, ein Künstler ähnlicher Provenienz fand in der alten Netzkunsthauptstadt Berlin einen Liebhaber, dem ein technoides Objekt namens Loading-Gray #1 (2007) 4.500 Euro wert war.
Insgesamt wurde die Galerie bei ihrem ersten Berliner Auftritt für eine geschickte Mischpräsentation belohnt. Wim Delvoyes sattsam pressenotorische tätowierte Schweinehaut Benjamin von 2002 ging für 85.000 Euro über den Tresen. Marina Abramovics Entering the Other Side, ein Monumental-Cibachrome von 2006, lies sich für 75.000 Euro absetzen. GG

Bild - Cory Arcangel, "Sweet 16", 2006, Courtesy of Team Gallery, New York

Das Gesicht der Biennalen - Besonderheiten kuratorischer Praxis

Seit einigen Jahren ist das Ausstellungsformat Biennale beliebtes Gesprächsthema auf internationalen Podien. Weit über Hundert soll es von den temporären Veranstaltungen mittlerweile geben, wobei die Zahl zunimmt. Gerne wird auf Podien diskutiert, wie sich die politischen und kulturellen Bedingungen vor Ort zur Internationalität und zur Globalität des Ausstellungsformates verhalten. Sind Biennalen nicht vielmehr so etwas wie „dropped sculptures“, die ungeachtet der räumlichen Gegebenheiten wie das Blaue vom Himmel fallen? Können Biennalen für das jeweilige Umfeld mehr bewirken als eine bloße Finanzspritze? Und wie erreicht man auch so etwas wie eine kulturelle und politische Nachhaltigkeit? Der Sichtweise, Biennalen seien in sich homogene Veranstaltungen, widersprach die russische Kuratorin und Kritikerin Iara Boubnova. Sicher könne man nie von perfekten Bedingungen sprechen und sicher seien internationale Ausstellungsformate wie eine Biennale nicht immer Mediatoren zwischen dem Lokalen und dem Globalen, jedoch arbeiteten jedes Mal unterschiedliche Kuratoren, Künstler und Politiker zusammen. Und gerade die lokalen Gegebenheiten machten eine Biennale zu einem jedes Mal anderen Produkt. In diese Richtung sprach auch Anselm Franke. Zusammen mit Hila Peleg wird er die kommende Manifesta-Biennale in Norditalien in einem Team mit weiteren Kuratoren gestalten. Es sei das Ausstellungsformat selbst, das bestimme, wie die Ausstellung erscheine. Daher müsse man seine Spezifität in der Ausstellung selbst reflektieren und mit anderen Formaten kontrastieren. Beim Einbinden der lokalen Kultur müsse man aufpassen, dass dies nicht in einer Art Freak Show ende. Adam Szymczyk – nächster Kurator der Berlin Biennale 2008 zusammen mit Elena Filipovic, die auch auf dem Panel saß – verwies darauf, dass neben den ästhetischen und politischen Bedingungen viel zu selten über die konkreten ökonomischen gesprochen würde. So müsse man auch die Frage stellen, warum Biennalen mit einem Mal wieder verschwänden oder was es bedeute, wenn sich Orte Biennalen schlicht nicht leisten könnten. Filipovic wiederum verwies auf den aktuellen Kontext dieses Panels auf dem Art Forum: Während man auf der Messe über das Format Biennale spreche, würde man auf Biennalen das „Genre“ Markt gerne ignorieren. Hans Ulrich Obrist, Kunstkritiker und derzeit Kurator bei der Londoner Serpentine Gallery, sprach sich in einem fernmündlichen Referat dafür aus, dass das Temporäre und Ephemere einer Biennale nicht als ihre Negativpole anzusehen seien, sondern als Möglichkeiten für einen stets offenen Prozess des Ausstellungsmachens. Abgesehen von den nicht wirklich neuen Fragen des Moderators Mark Gisbourne, Kurator und Kunstkritiker, war eine doch interessant: Wie passt in ein Sprechen über die politischen, kulturellen und ökonomischen Bedingungen einer Biennale eigentlich die Kunst? Dazu kam es gestern nicht wirklich. (ART FORUM BERLIN Talk – Biennalen III – 30. September 2007, 17:30 Uhr) AS