Dienstag, 2. Oktober 2007

Gemäldehafte Präsenz: Dvir reüssiert erneut mit politischer Fotografie

Manchmal scheint Bildjournalismus sich in Kunst zu verwandeln, weil die Wirklichkeit komplexer und widersprüchlicher als die Verkaufsklarheit der Medien ist. Anders als mancher "Magnum"-Fotograf, der mit Ausdauer seinen Aufstieg in die konservatorische Unsterblichkeit der Fotomuseen sucht, präsentiert die Galerie Dvir auf dem ART FORUM BERLIN einen Fotografen, dessen Bilder sich, man möchte fast meinen: automatisch als Reaktion auf die monströse politische Realität zu einer nahezu gemäldehaften physischen Präsenz verdichten. Pavel Wolbergs Fotografien entstammen einer genuin journalistischen Praxis, schauen den Betrachter aber wie sphinxische Vexierbilder an. Sie entscheiden nichts. Sie entwickeln, ohne je obszön zu wirken, einen fast karnevalesken Gleichmut, eine teilnehmende Neutralität, die sich in Formalität zurückzieht, um den Inhalt nicht in einem definierten medialen Rahmen einengen zu müssen. Erfreulich also, dass sich eine Präsentation des unvereinfachten politischen Lebens für eine Galerie auszahlt. Die C-Prints Hebron (2004) und Jerusalem (2006) wurden an institutionelle Sammler verkauft (je 6.500 Euro, das Hebron-Motiv an zwei Käufer), darunter auch eine ungenannte Unternehmenssammlung. Bemerkenswert, dass die Galerie Wolberg auch schon im Vorjahr ausgesprochen erfolgreich zu verkaufen vermochte, aber keine Arbeit an eine deutsche Sammlung absetzen konnte. Vielleicht erzeugt die Darstellung der politischen Realität Israels hier Berührungsängste. Nebenbei hat Dvir auch noch ein hinreißend surreales Objekt Axel Schlesingers abgesetzt, dessen frisch in diesem Jahr entstande Konstruktion rotierender A 4 Blätter auf einer von Farbdosen getragenen Spanplatte einer großen institutionellen Sammlung 5.000 EUR wert war. Die Galerie prophezeit Schlesinger eine große Zukunft. GG

Bild - Pavel Wolberg, Ohne Titel, 2000, Courtesy of Dvir Gallery, Tel Aviv

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